Das Jurastudium an der Moskauer Staatlichen Universität ist spannend, aufregend und vor allem nicht einfach. Nach den 4 Monaten, die ich dort verbracht habe, habe ich wirklich viel über die russische Rechtsprechung gelernt. Anders als wir, arbeiten die Studenten (zumindest im 3.Semester) nicht mit Fällen, sondern lernen die Theorie, die Prinzipien und die Änderungen der Gesetze. Jedes Kapitel und fast jeder Paragraph im Gesetzbuch wird bearbeitet und besprochen. In den Vorlesungen versuchen die Professoren den Studenten das jeweilige Thema näher zu bringen; allerdings auch hier wieder die Theorie - d.h. ohne Fallbeispiele. Ich finde es schade, da das Jurastudium für sich schon trocken ist. Soweit habe ich noch keine strukturierte Tatbestandauslegung mitbekommen. Wer hätte das gedacht, aber mir fehlt tatsächlich:
I. Objektiver Tatbestand
1.) ...
a.)
usw. :)
In den Seminaren haben wir ab und zu kleine Fälle besprochen, aber nie so ausführlich wie in unserer AG in Marburg. Vor allem in Zivilrecht hat es mich enttäuscht, da wir zwar ein Aufgabenbuch hatten, aber den Fall nur im groben angesprochen haben. Keine Anspruchsgrundlage, keine Paragraphenkette! Meiner Meinung nach ein Fehler im Bildungssystem; denn irgendwann müssen diese Juristen Fälle bearbeiten und keine Informationen wiedergeben.
So und nun zu den Prüfungen!^^
Ich habe 3 mündliche Prüfungen absolviert. Zivilrecht, Staatsrecht und Strafrecht; die wichtigsten Grundlagen also! Ich habe sie so legen können, dass ich am 24.12. wieder nach Deutschland fliegen konnte. Normalerweise ist die Prüfungsphase an der Uni im Januar, aber bei mir als Auslandsstudentin haben meine Professoren (natürlich auf meine Bitte hin) eine Ausnahme gemacht.
In Zivilrecht eine "sehr gut" zu bekommen war recht einfach, weil der Professor wahrscheinlich keine Lust hatte sich mit mir auseinander zu setzen und mir deshalb meinen Schein einfach unterschrieben hat!
Staatsrecht hat mich vollkommen überrascht :) Ich saß tagelang vor meinem Buch und habe so viel gelernt und es doch nicht gebraucht. Der zuständige Professor hat mich nach den Hauptprinzipien der russischen Verfassung gefragt und ich konnte antworten. Nach einer Minute hat er mir meinen Schein unterschrieben und mir eine "sehr gut" verpasst! Danach konnte ich gehen! Das war wirklich sehr nett von ihm :)
Strafrecht war allerdings der Horror! Obwohl ich die russische Sprache beherrsche, fiel mir das Lernen schwerer als gedacht. Ich gebe zu, dass ich auch etwas mehr Zeit nötig hatte. Weiterhin habe ich oft die Definitionen oder Ausdrücke einfach im Kopf auf deutsch übersetzt und konnte es auf russisch im Nachhinein nicht wiedergeben. Ich hätte auch nie gedacht, dass das mein Gehirn so arbeiten kann^^ Seltsam, aber unheimlich cool, wenn ihr mich fragt!^^ Schlussendlich, also nachdem sie mich mit Fragen aus 5 Themengebieten gequält hat, habe ich noch eine 4 (also die Note "gut") ergattern können. Meine Eltern sind zufrieden, aber ich mit mir selbst wie immer nicht!
Was mir aber wirklich überaus gefallen hat, waren die zugeschickten Fragen. Ich habe also per mail (da läuft alles per Intrenet oder Telefon!) 27 Fragen bekommen und hatte somit meinen roten Fahden an dem ich mich mit dem Lernen orientieren konnte. Wenn man auf alle Fragen antworten konnte, war man also sehr gut vorbereitet. Der Professor stellt dir dann aus diesem Katalog einige Fragen und das wäre dann deine Prüfung.
Ich muss sagen, dass das Lernen (obwohl es wirklich anstrengend war) mir sehr viel Spaß gemacht hat. Ich bin eben eine Masochistin^^...sonst hätte ich wahrscheinlich auch nicht Jura als Studienfach :D
Vielleicht besitzt das Gesetz keine Leidenschaft an sich, allerdings der, der sein Leben diesem Studium widmet, beweist mehr Leidenschaft als er glaubt. Jedes Studium kann man schaffen, aber nur, wenn man voll und ganz dahinter steht was man tut. Oh ja, lernen ist nicht angenehm, lernen tut weh! Aber zeichnet sich Leidenschaft nicht genau dadurch aus? Für etwas leiden, das man liebt?
Bis zum nächsten Mal,
eure Julia
Vielleicht besitzt das Gesetz keine Leidenschaft an sich, allerdings der, der sein Leben diesem Studium widmet, beweist mehr Leidenschaft als er glaubt. Jedes Studium kann man schaffen, aber nur, wenn man voll und ganz dahinter steht was man tut. Oh ja, lernen ist nicht angenehm, lernen tut weh! Aber zeichnet sich Leidenschaft nicht genau dadurch aus? Für etwas leiden, das man liebt?
Bis zum nächsten Mal,
eure Julia
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